Rabbi Yisrael Meir Lau

Holocaustüberlebender, Konzentrationslager Buchenwald

Tolek, sorge dafür, dass Lolek in Sicherheit ist!

Bis heute hallen die Worte meiner Mutter in meinem Kopf nach.

Für mich gab es im Holocaust viele düstere Momente, aber dieser war einer der schwierigsten.

Auf dem Bahnhof herrschte das totale Chaos. Deshalb merkten die Leute nicht, dass wir schon mitten in der „Selektion“ waren. „Schneller! Schneller! Schneller!“, schrien die Deutschen, während uns ihre Hunde anbellten.

Mit der „Selektion“ wurden Männer von Frauen und Kindern getrennt. Ich war erst sieben Jahre alt und ging natürlich mit meiner Mutter mit. Mein großer Bruder Tolek war 18 Jahre alt. Er wurde von uns getrennt und in die Männerreihe gestellt.

In unserer Reihe, das hatte Mutter in Sekundenschnelle erkannt, standen Menschen, die für die Deutschen entbehrlich waren. „Tolek, nimm das Kind“, rief sie und schob mich in Richtung meines großen Bruders. In der Männerreihe würde ihr kleiner Sohn bessere Überlebenschancen haben. Mutter wurde in einen Viehwaggon gepfercht. Kurz bevor die Türen schlossen, winkte sie uns noch zum Abschied zu. Das war das letzte Mal, dass ich meine Mutter je gesehen habe.”

Von meinem Vater, dem Oberrabbiner unserer Gemeinde, konnte ich mich nicht einmal mehr verabschieden.

Falls du durch ein Wunder überlebst, hatte er meinem Bruder Tolek gesagt, setz unsere tausendjährige rabbinische Familiendynastie fort. Mein Vater sprach von 37 Rabbinergenerationen in unserer Familie. Er wollte diese Dynastie am Leben halten. Fünfzig Jahre später, als ich Oberrabbiner des Staates Israel wurde, habe ich seinen Traum erfüllt. Ich habe den Holocaust überlebt und meine Familiendynastie am Leben erhalten.”

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