Rafi Eitan

Der Mann, der Adolf Eichmann vor Gericht brachte

 “Anfang der 60er Jahre bekamen wir einen Tipp vom argentinischen Generalstaatsanwalt. Es sei möglich, dass sich Eichmann in der Gegend von Buenos Aires aufhält. Ein blinder Deutscher namens Herman hatte uns den ersten Hinweis auf Eichmanns Aufenthaltsort gegeben. Seine Tochter hatte sich offenbar in einen jungen deutschen Mitschüler namens Nicolas verliebt. Herman war die familiäre Herkunft des Jungen suspekt. Er recherchierte und fand heraus, dass Nicolas der Sohn von Adolf Eichmann war.

Hermans Tipp war ein erster Anhaltspunkt.

Eichmann hatte Familie in Argentinien. Das wussten wir. Wahrscheinlich hielt er sich bei ihr auf.  Wir hatten allerdings keine Adresse. So schickten wir ein Team nach Buenos Aires, dem es gelang, Eichmanns genaue Anschrift zu ermitteln:

Eichmann wohnte in der Garibaldi-Straße im Stadtteil San Fernando in Buenos Aires.

Am Abend des 11. Mai 1960 um 20:05 Uhr hielt ein Bus in der Straße. Ein Mann schlenderte die Garibaldi-Straße entlang. Ich habe Eichmann sofort erkannt und den Befehl gegeben, ihn aufzugreifen.

Momentito, senior“, riefen wir. Eichmann drehte sich zu uns um. Da stürzten wir uns auf ihn und zerrten ihn in den Fluchtwagen. Er stieß einen schrecklichen Schrei aus, wie ein wildes Tier, das in eine Falle getappt war. Im Auto hörte er nicht auf zu jammern, weshalb wir ihn knebeln mussten. Wir wussten, dass Eichmann zwei Narben hatte, eine am Bauch, die andere am Handgelenk. Als ich sah, dass unser Mann Narben genau an diesen Stellen hatte, war ich mir sicher, dass wir tatsächlich Eichmann gefasst hatten.

Ich schlug dem Agenten zweimal auf die Hand. Das war unser Signal. Wir hatten den richtigen Mann und fuhren los.

Ich bin kein emotionaler Mensch. Während meines Dienstes beim Mossad war ich an Hunderten von Operationen beteiligt. Aber der Moment, in dem mir klar wurde, dass wir Eichmann aufgegriffen hatten, war für mich der wichtigste. Ich wusste, dass wir damit den sechs Millionen im Holocaust ermordeten Juden Gerechtigkeit widerfahren ließen. Es war einer dieser seltenen Momente, in denen man spürt, wie Geschichte geschrieben wird.

Adolf Eichmann wurde zum Tode verurteilt. Ich war im Raum, kurz bevor der Henker kam. „Ich hoffe, wir sehen uns alle sehr bald auf der anderen Seite wieder“, waren Eichmanns letzte Worte. Ich habe nicht auf das eigentliche Erhängen gewartet, war aber in der Nähe des Einäscherungsraums, als das Feuer seinen Körper verzehrte.

Während die Flammen seinen Körper in einem souveränen jüdischen Staat verschlangen, empfand ich so etwas wie poetische Gerechtigkeit.”

Font Resize