Aharon Petrakovsky

Holocaustüberlebender, Ghetto Lodz 

„Von 70.000 Kindern im Ghetto Łódź bin ich eins der drei Kinder, das das Ghetto überlebt hat. Aber das Überleben war mit einem hohen Preis verbunden. Fünf Jahre lang, vom Tag meiner Geburt im Ghetto bis zu meiner Freilassung, hielten mich meine Eltern an verschiedenen Orten versteckt. Anfangs versteckten sie mich in einer Kleiderfabrik im Ghetto. Nach anderthalb Jahren mussten sie mich in ein anderes Versteck bringen – auf den Friedhof des Ghettos .

Mein Vater arbeitete bei „Chevra Kadisha“. Die Organisation sorgt dafür, dass die Leichen verstorbener Juden nach jüdischer Tradition für die Beerdigung vorbereitet werden. Er versteckte mich in einem der „Tahara-Räume“. In diesen Räumen werden die Toten vor ihrer Beisetzung gewaschen und rituell gereinigt (Tahara). Mit den „Menschen“, denen ich begegnete, konnte ich mich nicht unterhalten.

Mir wurde die Kindheit geraubt.

Biologisch gesehen war ich am Leben. Ich atmete, hatte einen Puls und etwas zu essen, aber ich lebte nicht wirklich.

In den entscheidenden Jahren meiner Kindheit habe ich weder Liebe noch Wärme, Lachen oder Glücksmomente erlebt. Ich hatte keine Freunde, mit denen ich spielen oder auch nur reden konnte. Ich hatte kein Spielzeug, nicht einmal einen Teddybären. Die Nazis haben alles aus dem Ghetto verschwinden lassen. Mein Vater warnte mich. Ich durfte unter keinen Umständen schreien, weinen oder laut sein, weil mich dann die Nazis finden und erschießen werden. In diesem Alter hätte ich Wärme und Liebe gebraucht. Stattdessen lebte ich in ständiger Angst vor dem Tod.

Meine Frau, die von meiner verlorenen Kindheit wusste, kaufte verschiedene Teddybären und verteilte sie im ganzen Haus. Manchmal, nachdem meine Kinder und später meine Enkel mit ihnen gespielt hatten, streichelte ich die Teddybären und dachte darüber nach, wie sehr sich das Kind im Ghetto, das ich einst war, nach so einem Teddybären gesehnt hatte. Kein Kind auf der Welt soll erleben, was ich im Ghetto Łódź erlebt habe. Deshalb habe ich eine einfache Bitte: Bekämpfen Sie Antisemitismus und blinden Hass in all seinen Formen. Wir dürfen nicht zulassen, dass auch nur ein einziges Kind seine Kindheit verliert.”

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