Dana Gur Ze’ev

Puppenspielerin, Tochter von Holocaustüberlebenden

“Wir haben nie viel darüber gesprochen, was mit meiner Großfamilie im Holocaust passiert ist. Es war eine Art Tabu. Ich bin ohne Großeltern aufgewachsen und hatte weder Onkel noch Tanten. Das hat eine große Leere in meinem Leben hinterlassen. Den Bezug zu meinen verlorenen Verwandten konnte ich nur über Fotos herstellen, die meine Eltern irgendwie durch den Holocaust gerettet hatten. Als Kind liebte ich es, mir diese Bilder anzuschauen. Das gab mir das Gefühl, diese Menschen wären noch immer ein Teil von uns.

Als Kind spielte ich liebend gern mit Puppen. Ich malte Bilder und kreierte ihre Kleidungsstücke. Dieser Liebe ist es zu verdanken, dass ich heute, fünfzig Jahre später, Puppenspielerin bin. Mir macht es große Freude, Puppen aller Art herzustellen. Die Freude am Schaffen und die Tatsache, dass mein Mann ungefähr zur gleichen Zeit seine eigene Familiengeschichte recherchierte, brachte mich auf die Idee, Puppen auf der Grundlage dieser verblichenen Familienfotos zu fertigen. Diese Idee hat einen kreativen Prozess in Gang gesetzt, der mich auf eine Reise in die Geschichte meiner Familie führte. Beim Erschaffen der Puppen sah ich mir diese Menschen noch einmal genauer an, studierte ihre Gesichtszüge und fühlte mich ihnen näher als je zuvor.

Ich bin froh, dass ich durch die Kunst wieder mit meiner Familie in Kontakt treten und anderen Menschen helfen konnte, eine Verbindung zu ihren Familien herzustellen. Manchmal sitze ich da und hoffe, dass meine Verwandten wieder zum Leben erweckt werden. So wie Pinocchio. Dann ermahne ich mich. Das ist die klassische Fantasie eines jeden Puppenspielers. Ich kann sie nicht wirklich wieder zum Leben erwecken. Ich wünschte, sie könnten mir erzählen, was sie durchgemacht haben, aber auch das wird nicht geschehen. Trotzdem bin ich froh, ihnen einige substanzielle Eigenschaften zugeschrieben zu haben, mit denen ich sie über diese alten, vergilbten Fotografien hinaus in Erinnerung behalte.“

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